
Der kleine Weihnachtsengel
Text von Hanna Harbecken, adaptiert von HiPP Schweiz
Es war einmal ein kleiner Weihnachtsengel, der jedes Jahr aufs Neue das Geschehen der Weihnachtszeit bewachte. Stets guten Herzens verbreitete er Frohsinn, wenn die Trauer überwiegte. Er sorgte für Spass, wenn Langeweile aufkam. Er schenkte Liebe und Zuversicht, wenn sich die Menschen einsam fühlten.
Doch in diesem Jahr war der Engel selbst traurig. Wie immer im Advent gab er alles dafür, um den Menschen ein frohes Weihnachtsfest zu bereiten. Mit der Zeit jedoch wurde es für den Weihnachtsengel immer schwieriger, seine Aufgabe zu erfüllen.
«Wieso nur wollen die Menschen nicht mehr glücklich sein?» fragte sich der Engel. «Wieso übersehen sie die schönen Morgenstunden, die ich erschaffe? Wieso singen sie die weihnachtlichen Lieder nicht mehr mit? Wieso geniessen sie die besinnlichen Momente nicht, die ich ihnen schenke? Alles, was ich sehe, ist Wut, Hektik und fehlende Dankbarkeit. Die Menschen wollen zur Weihnachtszeit einfach nicht mehr glücklich sein.»
Während er daran dachte, beschloss der Engel, sich nicht mehr für die Menschen und deren Fröhlichkeit einzusetzen. Ab sofort würde er ihnen nicht mehr helfen, besinnliche Weihnachten zu erleben.
So verging die Adventszeit. Die Kinder schrieben ihre Wunschlisten und die Erwachsenen stressten genervt durch die Stadt. Zwar kamen die Familien am Weihnachtsabend zusammen, doch der Engel sah fassungslos zu, wie jeder nur für sich war: Kaum Unterhaltungen. Kaum Unternehmungen. Belanglosigkeit und Unruhe rund um den Christbaum, anstatt Besinnlichkeit und Liebe.
Der Engel konnte nur den Kopf schütteln. Wie gerne hätte er mehr Familien gesehen, die zusammen Guetzli backen. Wie gerne hätte er mehr Kinder beobachtet, die fröhlich Weihnachtslieder singen. Wie gerne hätte er mehr von den Menschen gesehen, die den Geist der Weihnacht noch in sich trugen. Menschen, die einfach lachten, lebten und liebten zu dieser besonderen Jahreszeit.
Gerade als sich der Engel betrübt zurückziehen wollte, entdeckte er eine junge Frau, die einen Weihnachtsmarkt besuchte. Mit einem Strahlen in den Augen hörte sie einem Chor zu, der die wunderbarsten Weihnachtslieder sang. Während die meisten Menschen am Markt die schönen Gesänge ignorierten, liess sich die junge Frau mit all ihren Sinnen darauf ein. Sie wirkte so eingestimmt und unbeschwert, dass dem Weihnachtsengel fast die Tränen kamen: Es gab also doch noch Menschen, die den Geist der Weihnacht in sich trugen. Was dem Engel auffiel, blieb nun auch den anderen Menschen rund um die junge Frau und den Weihnachtschor nicht mehr verborgen. Sie liessen sich vom Glück der jungen Frau anstecken. Sie sangen, tanzten, klatschten – Jung und Alt, Klein und Gross, alle zusammen. Erstaunt und erfreut beobachtete der Weihnachtsengel dieses unerwartete Geschehen auf dem Markt. Er genoss diesen Moment voller Glück und Liebe.
Nach und nach fing der Weihnachtsengel an zu verstehen: Dass die Menschen mit der Zeit den Geist der Weihnacht aus dem Sinn verloren hatten, bedeutete nicht, dass sie ihn nicht wiedererlangen wollten und ihn zurück ins Herz lassen konnten. Sie schienen sich nach mehr Besinnlichkeit und Liebe in der Weihnachtszeit zu sehnen. Es war ihnen im Alltag nur immer schwerer gefallen.
Da fasste der kleine Weihnachtsengel einen neuen Beschluss. Er versprach sich und den Menschen, dass er den Geist der Weihnacht wiedererwecken würde.
Und so bittet der Engel uns Menschen: Lieber ein Blech zu viel Guetzli backen als zu wenig. Den Becher Weihnachtspunsch oder die heisse Schoggi bewusst geniessen. Weihnachtslieder singen, so laut und viel wie wir können. Gemeinsam Weihnachtsgeschichten lesen und die Zeit geniessen. Und dankbar sein für die vielen schönen Momente des Glücks.
Frohe Weihnachten!